Wusstest du, dass es Schweizer Linsen gibt? Und würdest du sie auf dem Feld erkennen? Ich habe im Sommer Schweizer Linsenbauer besucht: Erfahre, wie sie aussehen und warum sie von unseren Feldern verschwunden waren. Dazu feine winterliche Linsen-Rezepte.
Ein Mauerblümchen auf dem Feld
Auch wenn sie der Star in der Küche sein können, auf dem Feld fallen die zarten Pflänzchen kaum jemandem auf. Sie sind richtige Mauerblümchen und viel zu schwach, um selber stehen zu können. Linsen benötigen einen Mischpartner, an dem sie sich emporranken können. Wie das genau funktioniert und was die Herausforderungen beim Linsenanbau sind, haben mir die Linsenbauern Maja und Kai Tappolet erklärt.
Linsenanbau in der Deutschschweiz
Ich fahre an diesem schönen Sommertag in den äussersten Zipfel der Schweiz, nach Wilchingen. Im Naturpark Schaffhausen, nahe der Grenze zu Deutschland, liegt der Biohof der Familie Tappolet. Die Tappolets gehörten vor neun Jahren zu den Ersten in der Deutschschweiz, die sich wieder auf die sensible Hülsenfrucht einliessen. Auf Initiative eines Bachelor-Studenten testeten die Tappolets zusammen mit anderen Parteien den gesamten Prozess vom Wiederanbau über die Verarbeitung bis hin zur Vermarktung der Hülsenfrüchte.
Linsen verschwanden von Schweizer Feldern
Aber wieso verschwanden die zarten Pflänzchen überhaupt von der Bildfläche? Blicken wir zurück: Nach dem Zweiten Weltkrieg verschwanden die Linsen von unseren Feldern. Viel zu effizient und lukrativ war der Anbau von neueren Kulturen wie Weizen geworden. Aber auch der Mensch hatte Linsen wohl einfach langsam satt. Wir rätseln, es werden mehrere Faktoren gewesen sein, wieso die Linsen damals einfach aus unserer Küche verschwanden.
Herausfordernd im Anbau und wacklig im Ertrag
Bis heute sind Linsen herausfordernd im Anbau und unterliegen starken Schwankungen beim Ertrag. Das instabile Wetter hat seine Einflüsse, aber auch der Anbau ist schwierig. Die Pflänzchen sind einfach zu schwach, um selbst stehen zu können. Sie benötigen Stützfrüchte, also andere Pflanzen, die den Linsen dabei helfen, im Feld aufrecht zu stehen. Und die dann bei der Ernte auch noch einfach gefiltert werden können. Langsam verstehe ich die Herausforderungen des Linsenanbaus.
Die optimalen Mischpartner für eine stabilere Ernte
Kai Tappolet erklärt mir, wie er zum optimalen Mischverhältnis gekommen ist. Er ist ein Tüftler und probiert gerne aus. Als gelernter Landmaschinenmechaniker hat er auch die Aussaat und Ernte im Blick und muss sich bei den Mischpartnern auf solche festlegen, die zwar Halt geben, aber auch wieder gut gefiltert werden können. Und auch das Mischen mit Weizen kommt für ein glutenfreies Produkt wie Linsen für die Tappolets nicht infrage. Nach vielen Testphasen werden die Linsen nun mit Leindotter und Erbsen als Stützfrüchte angebaut – allesamt glutenfrei und in unterschiedlichen Grössen, damit auch die Ernte und Verarbeitung effizient möglich sind.
Der Star in der Küche: Linsen sind vielfältig.
Die Mühe lohnt sich. Denn Linsen sind Alleskönner in der Küche und erleben gerade einen neuen Boom. Ob als Salat oder Burger-Pattys, Bolognese oder gar als Pizza-Boden, mit Linsen bestehen unzählige feine Möglichkeiten. Auch als Braten machen sie eine gute Figur. Denn Linsen dienen mit ihrem hohem Proteinanteil auch als Fleischersatz. Oder sie werden als glutenfreie Alternative zu Weizen eingesetzt.
Hier eine Auswahl an feinen Linsen-Rezepten
Schweizer Linsen kaufen?
Zwei Sorten, die grünen Alicia-Linsen und die Belugalinsen, werden im eigenen Hofladen der Tappolets angeboten. Inzwischen gibt es aber zahlreiche egionale Anbieter von einheimischen Linsen. Schwarze, grüne und braune Linsen aus Schweizer Anbau gibt es z. B. bei biofarm im Online-Shop oder in Unverpackt- und Bio-Läden. Die Waadtländer „Perline“-Linsen gibt es dazu in grösseren Coop-Geschäften zu kaufen.
Eines kann ich verraten, bei mir zu Hause wird es künftig sicher öfters Linsen geben. Und wenn du noch weitere Rezeptideen mit Linsen hast – immer her damit. Ich freue mich auf deine Inputs.
Zum biofarm-Shop
Weitere Informationen zum Biohof Tappolet
Vielen Dank für den sehr informativen Artikel und die schönen Bildaufnahmen. So wissen wir nun endlich, wie die Linsen gedeihen und eine Linsenpflanze aussieht. Ich begrüsse es, dass Linsen erneut in der Schweiz angebaut werden und bin auch gerne bereit, einen entsprechenden Mehrpreis zu bezahlen. Ganz im Sinne von "Von der Region für die Region" - und insbesondere um lange umweltschädigende Transporte zu vermeiden. So kann ich mich glücklich schätzen, dass auch bei mir im Seeland bereits Linsen angebaut werden. Ich werde auf jeden Fall von diesem Angebot Gebrauch machen.
Noch nie gehört, dass Linsen auch in der Schweiz angepflanzt werden. Das finde ich grossartig und - es würde mich sehr reizen, die Pflänzli auf dem Acker zu sehen. Habe wieder etwas dazugelernt und werde mehr Erfurcht haben bei jeder einzelnen Linse beim kochen.
Ich bin froh, dass ich heute via Swissmilk auf den StadtLand-Blog gestossen bin.
Lieber Christoph,
Vielen Dank für deinen Kommentar. Ich versuche deine Fragen zu beantworten oder weitere Insights zu geben. Was ich mir aus dem Interview mit der Familie Tappolet notiert habe, ist dass Sie ihre Fruchtfolge optimiert haben. Sprich bei einer weiten Fruchtfolge, ist eine grössere Vielfalt von Nöten. Die Linsen werden meines Wissens aber jährlich angebaut. Kai Tappolet scheint ein Tüftler zu sein. Er stellt sich gerne der Herausforderung ein Produkt wie Linsen wieder auf den Markt zu bringen und diese auch ertragsstabiler zu machen, auch durch die richtige Wahl der Stützfrüchte. Er begleitet und analysiert den gesamten Prozess von der Aussaat bis auf den Tisch. Der Ertrag der Linsen ist aber immer noch relativ schwankend und muss langfristig betrachtet werden. Dabei setzen Sie nicht auf den Grossverteiler, sondern auf Direktverkauf, kleinere Läden und immer mehr auch Gastro-Abnehmer.
Und ja, versuche doch bei Gelegenheit ein Pack solcher Linsen zu ergattern. Kann ich nur empfehlen.
Beste Grüsse, Nicole