Wie ist es, sich auf der Alp um das Vieh, die Bewirtschaftung der Alpweiden und die Käseproduktion praktisch gleichzeitig zu kümmern? Bei meinem Besuch bei Reto Vogel auf der Alp Schlacht in der UNESCO Biosphäre Entlebuch erhielt ich einen Einblick.
Mit dem Besuch auf der Alp Schlacht in Sörenberg hatte ich die Gelegenheit, den Alpleuten bei ihrem Alltag und insbesondere bei der Käseherstellung über die Schulter zu schauen. Und dabei etwas Alpleben aufzusaugen. Was mir schon vor dem Besuch klar war: Die Arbeit auf der Alp ist streng, die Tage sind lang. Und doch hat mich Reto überzeugt, dass es durchaus gemütlich sein kann, trotz der langen Tage und der strengen Arbeit.
Reto Vogel lebt von Mai bis September auf der Alp Schlacht, die er bewirtschaftet. Hier sorgt er sich um das Vieh sowie um einige Ziegen und produziert Alpkäse. Die Alpauffahrt sei immer ein besonderer Tag, wenn er mit dem Vieh vom Talbetrieb in Schüpfheim die 20 km auf die Alp marschiere. Dieses Jahr ist dies bereits am 10. Mai gewesen, weil es so ein "wachsiger" Frühling war und es schon früh genügend Futter für die Kühe gab. Ich wollte wissen, wie es für Reto ist, hier auf die Alp zu kommen. "Ich freue mich immer unglaublich auf den Alpsommer. Ich bin immer ganz ungeduldig, bis es endlich losgeht", sagt Reto. Es würde ihm etwas fehlen, könnte er nicht auf die Alp. Es bedeute ihm auch emotional viel, die Alp sei seine Leidenschaft. Mit dem Alpaufzug hoffe er immer, dass es einen guten Alpsommer gebe, dass Mensch und Tier gesund blieben und er guten Käse herstellen könne.
Ich freue mich immer unglaublich auf den Alpsommer. Ich bin immer ganz ungeduldig, bis es endlich losgeht.
Reto Vogel
Und genau wegen des guten Käses bin ich heute auf der Alp Schlacht. Reto hat mir verraten, dass er stolz sei, seine eigene Milch direkt zu verarbeiten. Erst ist er Landwirt und melkt die Kühe, dann zieht er sich um und ist Käser. Das gebe ihm ein gutes Gefühl und sei halt schon speziell, alles selbst machen und verarbeiten zu können. Zuerst werden am frühen Morgen die Kühe in den Stall geholt zum Melken. Von da geht die Milch direkt ins Käsekessi, welches in der Küche der Alp steht. Bereits vier Stunden nach dem Melken sieht man den Käse. Der braucht zwar noch viel Zeit und Pflege, bis er reif ist und in den Verkauf kommt. Aber man erkennt zweifellos, dass daraus ein wunderbarer Alpkäse entsteht. Ein bisschen Technik ist schon vorhanden in der Alpkäserei und trotzdem wird viel in Handarbeit erledigt.
Mit seinen Mitarbeitern auf der Alp arbeitet Reto Hand in Hand. Es ist für Luzia und Anna, die ihn bei der Käseherstellung unterstützen, der erste Sommer auf der Alp Schlacht, aber die drei sind ein eingespieltes Team, jeder Handgriff sitzt. Auch die beiden jungen Frauen, eine Milchtechnologin und eine Agrarwissenschaftlerin, schätzen das Leben auf der Alp trotz der langen Tage. Es sei schon streng, aber trotzdem schön. Was ihnen besonders gut gefalle, ist, dass die Rohmilch so schnell verarbeitet werden könne. Und für sie sei der Alpkäse wertvoller, da ganzes Handwerk drinstecke.
Über den ganzen Alpsommer werden ungefähr 330 Laibe Alpkäse hergestellt, dazu kommt Bratkäse, Mutschli und etwas Ziegenkäse. Neben dem Käse werden noch Alpbutter und Rahm produziert. Seinen Käse vermarktet Reto direkt. Einerseits auf der Alp, aber auch in Lebensmittelgeschäften – bis Luzern und Zug wird sein Alpkäse angeboten. Und in Sörenberg gibt es kaum ein Restaurant, das in den Gerichten oder Zvieri-Plättli nicht Käse von der Alp Schlacht anbietet. Diesen Direktverkauf habe bereits der vorherige Besitzer aufgebaut, dafür sei er sehr dankbar. Und es seien auch seine Kunden, die ihn anspornen, weiterhin besten Alpkäse herzustellen.
Bevor ich mich wieder auf den Weg ins Tal mache, habe ich Reto gefragt, was für ihn der Sommer auf der Alp bedeutet. Den Sommer hier oben zu verbringen, sei für ihn Zufriedenheit und Ruhe, es sei eben seine Leidenschaft. "Es sind die Tage wie heute, bei schönstem Wetter, die immer wieder aufs Neue motivieren. Wenn das Wetter schlecht ist, machen wir unsere Arbeit wie immer, aber es ist halt schon anders." Sagts und lacht. So gehen wohl auch die trüben, regnerischen Tage schnell vorbei.
Ich hätte noch lange mit Reto sprechen können. Es war so interessant, bei der Arbeit dabei zu sein und einen Einblick zu erhalten. Und ich weiss jetzt genau, was sie meinen mit: "Es ist schon streng, aber schön."